Mit diesem Offenen Brief, der an die Herren Oberbürgermeister Starke, Kulturbürgermeister Lange, die Mitglieder des Stadtrates und an die Mitarbeiter*innen in den Ämtern und Referaten der Stadtverwaltung adressiert ist, wenden sich viele Kulturschaffende Bambergs an sie.
Es geht uns um eine aktive und fördernde Kulturpolitik in unserer mittelgroßen Stadt Bamberg, die ämterübergreifend Unterstützung erfährt. Eine Stadt, in der von Seiten der Politik Rahmenbedingungen geschaffen werden sollen, die es alternativen Kulturschaffenden besser ermöglichen, die Stadt kulturell zu bereichern, Veranstaltungen durchzuführen, Ausstellungen zu organisieren und sich zu vernetzen.
Rahmenbedingungen, die der alternativen Kultur in Bamberg den Raum geben, den sie braucht
- indem kurzfristige, temporäre Nutzung von Leerständen möglich ist,
- indem die alternative Kulturszene in Bamberg als ein wichtiger Bestandteil kultureller Aktivität betrachtet wird,
- indem eine nicht-restriktive Raum- und Zeitpolitik verfolgt wird,
- indem der Kulturszene Zutritt zu attraktiven Räumlichkeiten ermöglicht wird.
Hier ist der Brief auch als Offener_Brief_kultur braucht raum zum Download.
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Offener Brief »Kultur braucht Raum«
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Starke, sehr geehrter Herr Kulturbürgermeister Lange,
liebe Mitglieder des Stadtrats, Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung und Mitbürger*innen der Stadt Bamberg!
Kultur braucht Raum.
Keine Frage – das kulturelle Angebot in Bamberg ist vielfältig und breit.
Was ein Blick in die Veranstaltungskalender der Stadt jedoch nicht verrät: Die Rahmenbedingungen für die Schaffung nicht-profitorientierter alternativer Kultur, d.h. Kultur jenseits der städtisch geförderten Theater- und Konzertsäle, sind schwierig. Und das, obwohl viele notwendige Elemente vorhanden sind. Es gibt eine Fülle engagierter Menschen, es gibt Kunst- und Kulturschaffende aller Art, es gibt leerstehende Gebäude und es gibt ein großes, kulturhungriges Publikum. Was fehlt, ist der konsequente Wille der Politik und der Stadtverwaltung, diese Elemente konstruktiv zusammen zu bringen und zu fördern. In Bezug auf Räumlichkeiten wird die Situation immer prekärer. Dies unterstreicht die Schließung des morphclubs, der eine bedeutende Institution und ein wichtiger Unterstützer alternativer Kunst und Kultur war. Hier sehen wir eindeutig die Politik in der Verantwortung. Die alternative Kulturszene darf in Bamberg nicht als eine hübsche Randerscheinung kultureller Aktivität betrachtet werden!
Das Engagement von Künstler*innen und Kulturschaffenden der alternativen Szene ist in vielen Städten ein bedeutsamer Bestandteil der Kulturlandschaft. Städte wie Leipzig und Nürnberg, aber auch Freiburg und Weimar, schöpfen ihren bundesweiten Ruf als kulturelle Zentren maßgeblich aus der Aktivität der freien Szene. Die Menschen dahinter stammen aus allen gesellschaftlichen Kreisen und erschaffen gemeinsam lebhafte Soziokulturen. Es werden leerstehende Gebäude zwischengenutzt, Möglichkeitsräume für kreative Entfaltung geschaffen und ein dauerhaftes, vielfältiges Veranstaltungsangebot für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel realisiert. Diese Aktivitäten spielen sich in öffentlich zugänglichen, leicht bespielbaren Räumen ab und sind ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft. Sie fördern gemeinschaftliche Nachbarschaften, verbinden Menschen aller Generationen, Herkünfte und Interessen und bringen die Bewohner*innen verschiedener Stadtteile zusammen. Diese Effekte werden in vielen Städten als ein großer Mehrwert für die Lebensqualität und das Gemeinwohl gesehen und dementsprechend unterstützt – ideell, finanziell und institutionell.
Stellen wir uns dies einmal für Bamberg vor! Ein kleines Gedankenspiel:
Kulturell interessierte und engagierte Menschen jeder Herkunft entwickeln Ideen und stoßen damit bei der Stadtverwaltung auf Interesse und Wertschätzung. Bürokratische und infrastrukturelle Hürden werden gemeinsam durch konstruktive Lösungen überwunden. Anträge für Veranstaltungen und Projekte jeglicher alternativ-kultureller Spielarten im städtischen Leerstand werden mit Dank angenommen, weil sie weiße Flecken auf dem Stadtplan mit Farbe füllen und nachhaltig positive Folgen für bespielte Immobilien haben. Selbst wenig erfahrene Kulturschaffende werden von Beginn an ernst genommen und können sich bei organisatorischen Fragen und Problemen an eine Beratungs- und Koordinationsstelle wenden. Kulturelle Ideen können sich auf partnerschaftlicher Basis in der Stadt frei entfalten und werden finanziell unterstützt. Kulturschaffende können langfristig große Projekte realisieren (z.B. ein städtisch gefördertes Kulturzentrum) und sich im Kulturbetrieb etablieren. Die Kulturszene hat Zutritt zu attraktiven Räumlichkeiten, die Zeitpolitik ist nicht restriktiv.
Junge Menschen verlassen Bamberg nach ihrem Schul- oder Studienabschluss oder aufgrund eines beruflichen Wechsels nur ungern, da sie intensiv in das kulturelle Leben eingebunden sind und sich sorgen, ein Stück Lebensqualität zu verlieren. Neben dem Prädikat Weltkulturerbestadt zieht der fruchtbare Boden der Kunst- und Kulturszene viele Menschen nach Bamberg.
Soweit unsere Vision. Wir meinen: All dies ist möglich, wenn die Politik diese Vorstellung teilen würde und die Stadtverwaltung entsprechende Zielsetzungen konsequent verfolgen könnte – ämterübergreifend!
Und doch kämpft die alternative Kultur in Bamberg permanent um ihre Existenz und ist von der immensen Ausdauer und Selbstausbeutung ehrenamtlicher oder prekär bezahlter Kulturschaffender abhängig. Manche von ihnen erfahren seit Jahrzehnten Frustration, weil ihr Engagement bürokratisch ausgebremst wird und scheinbar politischer Willkür unterliegt.
Neue Ideen und Veranstaltungen werden von einigen Ämtern von vornherein kritisch betrachtet und abgeblockt, bevor die Realisierbarkeit eingehend geprüft wird. Insbesondere, wenn es sich dabei um städtische Räumlichkeiten handelt. Ein institutionell geförderter Raum für alternative Kultur (wie das E-Werk in Erlangen) – jenseits der großen Konzert- und Theatersäle – existiert bis heute nicht, obwohl der Bedarf und das Interesse stetig steigen. Leerstehende Gebäude im städtischen Besitz werden privatisiert (z.B. ERBA-Gelände) oder dem Verfall preisgegeben (z.B. Wolfsschlucht). Oder sie werden aus wirtschaftlichen Interessen unter Verschluss gehalten (z.B. Gastronomie am Schlachthof). Kulturelles Engagement wird vom Kulturamt gelobt und angeschoben, um dann vom Immobilienmanagement mit Verweis auf städtische Sparmaßnahmen abgewiesen zu werden. Auf diese Weise läuft die Stadt Gefahr, die Motivation der Kulturschaffenden zu vernichten, Energie in die kreative Gestaltung der Stadt zu investieren.
Für viele junge Menschen ist Bamberg bedauerlicherweise eine bloße Zweck-Stadt für Ausbildung und Studium – es mangelt an Angeboten und Entfaltungsmöglichkeiten, die einen langfristigen Aufenthalt in der Stadt attraktiv machen.
Es wäre ein Leichtes, dem kulturellen Potential dieser Stadt Raum zu geben. Was dazu fehlt, ist der politische Wille zu konkreten Taten – anstatt leeren Worten. Bisher setzt die Stadt „Zeichen für die junge Kultur“ nur auf dem Titelblatt des Rathaus-Journals.
Wir rufen Sie, Herr Oberbürgermeister Starke und Herr Kulturbürgermeister Lange, sowie den gesamten Stadtrat dazu auf, alternative Kunst und Kultur in Bamberg verstärkt ideell, finanziell und institutionell zu fördern! Kultur braucht Raum!
Kultur braucht Räume!
Unterzeichnende:
kontakt – Das Kulturprojekt
AStA Bamberg e.V.
Anonyme Improniker
Antistadl
Bolzen
Brotmüller
CHANGE e.V.
Charlotte
Der Plattenladen
DJ Kermit
DJ pink mike
Dr. Umwuchts Tanzpalast
Felix Pielmeier, Schauspieler
Freiraum
Fischer & Skamrahl
Greenclub
Herr Dunkl
IMPROniergehabe
käpt'n karacho
Klangtherapie Festival
Künstlerkollektiv INGE
Kulturreferat des Fachschaftenrates der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Kunstraum JETZT!
Kunstverein Bamberg e.V.
Markus Hörner
Mellosheen
Nimm2
Palais // Bar mit Hof
Pipperlapupp
Projektgruppe 'Bernd
Ragazzi-Funki-Stagione/FUNKRÜCKGABE
Sound-n-Arts
Studentischer Konvent der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Transition Bamberg
UpYours
Viagra Joe und der kaputte Mercedes
WildWuchs Theater
Wine-House